19 | Luxemburgisch für Anfänger

Ich befinde mich im kompletten Sprachchaos, was auch – wenn man es näher betrachtet – kein Wunder ist, bin ich doch täglich von Luxemburgisch, Französisch und Deutsch umgeben. Das geht so weit, dass meine luxemburgischen Mitmenschen innerhalb eines Satzes (!) von luxemburgisch zu deutsch zu französisch wechseln und umgekehrt. Und da wundert sich Mara, wenn ich Sätze wie: „Ich stell schnell meinen Ofen in den Quinoaauflauf“, raushaue, dabei ist es doch völlig verständlich, dass ich total verwirrt bin. Als seien drei Sprachen noch nicht genug, kommen an besonders ambitionierten Tagen sogar noch Englisch und Spanisch hinzu. Selbstverständlich ist meine allgemeine Verwirrung dann noch größer.
Die Mehrsprachigkeit der Luxemburger fasziniert mich enorm. Es ist völlig normal, dass man vier Sprachen (nahezu) fließend spricht: Luxemburgisch, Deutsch, Französisch und Englisch und oft auch noch eine fünfte Sprache. Auch die Selbstverständlichkeit, mit der sie zwischen den verschiedenen Sprachen hin und her wechseln, ist zutiefst bewundernswert und erinnert mich täglich daran, dass ich im Moment teilweise nicht mal mehr meine eigene Muttersprache perfekt beherrsche. Wenigstens sorgen  diese Sprachaussetzer für kollektive Heiterkeit.

Worauf ich aber eigentlich hinaus will, ist die luxemburgische Sprache. Bevor ich meinen EFD angetreten habe, bin ich öfters der Frage: „Welche Sprache spricht man denn eigentlich in Luxemburg?“, begegnet und meistens bin ich mit Luxemburgisch auf Neuland für meine Gesprächspartner gestoßen. Zugegeben, ich wusste davor auch nicht, dass es diese Sprache überhaupt gibt. Böse Zungen behaupten aber auch Luxemburgisch sei keine richtige Sprache, sondern nur eine Varietät des Standarddeutschen.
In der Tat ist Luxemburgisch sogar die einzige Amtssprache eines Mitgliedsstaates der EU, die nicht als Amtssprache der EU anerkannt ist, sondern lediglich den Status einer Regional-/Minderheitensprache inne hat. Linguistisch gesehen ist die luxemburgische Sprache eine Variante des Moselfränkischen, also dem Dialekt, der in der Region um Trier gesprochen wird und ist für deutschsprachige Personen generell eher einfach zu verstehen, würde ich sagen. Aber das kommt vielleicht auch darauf an, woher man kommt, bzw. ob man selbst einen Dialekt spricht und wenn ja, welchen.
Ganz interessant zu  wissen ist vielleicht auch noch, dass Luxemburgisch erst 1984 zur offiziellen Landessprache erhoben wurde. Bis dahin waren nämlich nur Deutsch und Französisch offizielle Landessprachen, wohingegen Luxemburgisch lediglich die Alltagssprache der Luxemburger war.

So, das war jetzt aber genug zur linguistischen Klassifikation und Geschichte, schauen wir uns mal die Sprache an sich an:
Hier also eine Liste (mehr oder weniger) wichtiger und sinnvoller Wörter und Redewendungen auf Luxemburgisch:
Lëtzebuerg – Luxemburg
Moien – Hallo
Äddi – Tschüss
Wéi hesch du? – Wie heißt du?
Ech sinn… – Ich bin…
Wéi geet et? – Wie geht es dir?
Mir geet et gutt/schlecht. Mir geht es gut/schlecht
Wann ech gelieft (Sprich: wannschglieft)- Bitte
Merci – Danke
Pardon – Entschuldigung
Elo – jetzt
Vakanz – Urlaub
Bréifboîte – Briefkasten
schwätzen – reden (da fühlt man sich als Schwabe schon fast wie daheim)
Gromperekichelchen – Kartoffelpuffer
Zum Wohl – Prost
Schantjen – Baustelle (und von denen gibt es sehr viele)
All Mënsch kënnt fräi a mat deer selwechter Dignitéit an dene selwechte Rechter op d’Welt. – Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. (1. Satz des 1. Artikels der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)
Um Hond hannen – Wo sich Fuchs und Hase sich Gute Nacht wünschen (also am Arsch der Welt)
Fuesbal fir Kanner – Kinderfasnet/-fasching*
Ech hun dech gär. – Ich liebe dich

Wer nach dieser wahllos zusammengestellten Einführung in die luxemburgische Sprache Lust auf mehr bekommen hat, dem kann ich empfehlen luxemburgisches Radio zu hören (RTL Lëtzebuerg oder EldoRadio), um auch in den Genuss einer Hörprobe zu kommen.
Du kannst wahrscheinlich recht gut erkennen, dass sich im Luxemburgischen Einflüsse aus dem Deutschen, deutschen Dialekten, dem Französischen und dem Niederländischen finden. Vor allem bei den französischen Einflüssen gibt es drei Besonderheiten:

  1. eingebürgerte französischstämmige Ausdrücke, z.B. Vakanz (fr.: vacances)
  2. Ausdrücke, die unverändert aus dem Französischen übernommen wurden, aber anders betont werden, z.B. Poulet (Hähnchen)
  3. zusammengesetzte Ausdrücke aus französischen und deutschen Begriffen, z.B. Bréifboîte

Aktuell gibt es im Parlament eine sehr interessante Diskussion über den Status der luxemburgischen Sprache. Fast 15.000 Luxemburger unterschrieben im Herbst die Petition 698, die eine Aufwertung der luxemburgischen Sprache fordert. Das heißt im Klartext Luxemburgisch soll als erste Amts- und Nationalsprache des Großherzogtums eingeführt werden, die Sprache verstärkt in der Schule unterrichtet werden und alle Veröffentlichungen des Staates inklusive seiner Verwaltungen zuallererst auf Luxemburgisch veröffentlicht werden.
Als Gegenentwurf dazu wurde die Petition 725 initiiert, die sich ausdrücklich für die Mehrsprachigkeit Luxemburgs ausspricht und gegen Luxemburgisch als alleinige Amtssprache.
Beide Petitionen haben es ins Parlament geschafft und wurden umfassend diskutiert: Die Antwort auf die beiden Petitionen ist ein Aktionsplan, der in Kürze den Abgeordneten vorgestellt werden soll und der wohl auch die Schaffung eines Regierungskommisars für die luxemburgische Sprache beinhalten soll.

Falls du jetzt noch Anmerkungen, Fragen oder Berichtigungen hast, dann immer her damit! Ich bin für sämtliche Vorschläge offen.

*Anekdote am Rande: Schon seit einiger Zeit steht ein Schild an der Straße, das dieses Event ankündigt, das bei den Pfadfindern (also bei uns) stattfindet. Allerdings handelt es sich bei dem Fuesbal eben nicht um Fußball, wie von uns angenommen, sondern um einen Faschingsball.

 

 

4 Kommentare zu „19 | Luxemburgisch für Anfänger

  1. Laura, ich „leide“ mit dir unter der Mehrsprachigkeit. Wir, Milena und ich (deutsch), waren jetzt eine Woche in Frankreich (französisch) bei einem EU-Projekt (Projektsprache: Englisch) als Teil der schwedischen Gruppe (schwedisch). Und dann haben wir auch noch angefangen von den Finnen ein wenig Finnisch zu lernen. Das hat dann dazu geführt, dass ich auf dem Rückflug die französische Stewardess auf Schwedisch angelabert habe…:D
    Aber Luxemburg ist schon ein krasses Land 😉
    /Rebecca

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