24 | Mit freundlichen Grüßen

Es ist offiziell: Meine letzte Arbeitswoche ist vorbei, ich befinde mich nun im Urlaub(smodus). Seit meinem letzten Lebenszeichen ist aber eine ganze Menge geschehen und das will ich dir natürlich nicht vorenthalten.
Das passende Wetter zum Urlaub war eigentlich schon gegeben die letzten Wochen, es hat eigentlich nur der Urlaub gefehlt. Ich muss sagen, es ist etwas deprimierend, wenn es draußen 30°C hat, die Sonne scheint und man selbst sitzt im Büro und arbeitet, aber dafür kann ich jetzt den Sommer umso mehr genießen und die Nächte durchtanzen so wie am Nationalfeiertag.

Eher gesagt wie den Vorabend des Nationalfeiertags. Der eigentliche Feiertag ist am 23. Juni. Traditionell wurde der Nationalfeiertag eigentlich immer am Geburtstag des Großherzogs oder der Großherzogin gefeiert. Großherzogin Charlotte (vor allem bekannt, weil sie während des 2. Weltkriegs durch ihre BBC Radioansprachen zum Symbol der Freiheit für die Luxemburger wurde), die am 23. Januar jedes Jahr ein wenig älter wurde, hat den Nationalfeiertag aber einfach um sechs Monate nach hinten verschoben auf den 23. Juni und zwar aus „klimatischen Gründen“. Man muss auch ganz klar sagen, dass es sich im Juni wesentlich besser draußen feiern lässt als im Januar. Die nachfolgenden Großherzöge haben der 23. Juni beibehalten und seither ist das der offizielle Nationalfeiertag der Luxemburger.
Jetzt kann man generell erstmal annehmen, Nationalfeiertag, schön und gut, hat man einen Tag frei, super Sache. ABER: Das wirklich Spannende ist eigentlich nicht der 23. Juni, sondern der 22. Juni. Ganz Luxemburg verwandelt sich in eine einzige Party und die Stadt ist voll mit Menschen. Es gibt einen Fackelzug und ein Feuerwerk, überall ist Musik und die Stimmung ist ausgelassen.
Den Fackelzug haben wir verpasst, weil wir bei uns in Cents noch zusammen gekocht und vorgeglüht haben, aber das Feuerwerk war einfach famos untermalt unter anderem mit 1812 von Tschaikowsky gespielt vom Militärorchester.

Am Nationalfeiertag an sich werden Vormittags ausgewählte Persönlichkeiten in die Philharmonie eingeladen und die wichtigsten Leute schwingen Reden. Danach werden alle zur Militärparade gefahren. Militärparade? Richtig gelesen, es gibt tatsächlich eine Militärparade in Luxemburg. Ich muss sagen, Militärparaden bringe ich vor allem mit Diktaturen und autokratischen Regimes wie Nordkorea und Russland in Verbindung und nicht mit einem kleinen Staat wie Luxemburg*. Aber, man muss sich ja erstmal alles anschauen bevor man darüber urteilt (aus als überzeugte Pazifistin) und deswegen habe ich mit Luisa die Militärparade angeschaut. Es war etwas bizarr, mit den Soldaten, die an einem vorbei marschierten und den Panzern, die die Straße hinunter fuhren, aber schau es dir einfach selbst an.

Einen kleinen Vorgeschmack auf den Urlaub habe ich schon bekommen: Anfang Juni war ich eine Woche zuhause, war auf Konzerten, am Bodensee, hab Unibewerbungen geschrieben und es mir gut gehen lassen mit Eis und frischen Himbeeren. Es gibt wahrlich anstrengenderes.

Nach so einer entspannten Woche fällt es wirklich schwer nochmal zwei Wochen zu arbeiten, aber es gab auch noch ein paar kleine Highlights.
Kurzfristig hat sich nochmal ein Workshop ergeben und ich hatte am vorletzten Schultag wirklich meinen letzten Workshop und nicht wie gedacht Ende Juni. Ich muss zugeben, die Workshops werden mir wirklich fehlen. Auch wenn manchmal die Anreise ein wenig beschwerlich war (morgens 5:30 Uhr und Schneesturm) und manche Kinder auch etwas anstrengend waren, habe ich es doch wirklich gern gemacht. Kein Workshop war wie der andere und es hat mich immer wieder überrascht, wie viel die Kinder schon wussten und wie reflektiert sie manche Sachverhalte aufgenommen haben.
Außerdem können wir noch einen dicken Fairtrade Erfolg in Luxemburg verbuchen. Die Chambre des Deputés, das luxemburgische Parlament, wird in Zukunft nur noch fair gehandelte oder regionale Produkte einkaufen. Ein wahrlich wundervolles Geschenk zum 25. Geburtstag von Fairtrade Lëtzebuerg.
Eigentliches Highlight war das MeYouZik (sprich: Music). Das ist ein jährlich stattfindendes Weltmusikfestival, das vom Tourist Office veranstaltet wird und bei dem auch verschiedene NGOs (Info)Stände haben. So haben wir auch beispielsweise mit Young Fairtrade, unserer Jugendgruppe, einen Cocktailstand organisiert und faire Cocktails verkauft. So war jedenfalls der Plan. Die Realität sah leider ein wenig anders aus, da recht wenig Besucher da waren und auch die erhofften Touristenströme ausgeblieben sind. Ich glaube auch, Teil des Problems war, dass die Bühnen in der ganzen Stadt verstreut waren und dann einfach nicht so viel Austausch zwischen den Bühnen stattfand.

Inzwischen ist auch meine letzte Woche vorbei. Es ist ein seltsames Gefühl all seine Sachen im Büro aufzuräumen und Platz für die nächsten Freiwilligen zu machen. Beim Schreiben der Briefe mit den Instruktionen für meine Nachfolger habe ich mich ein wenig zurückversetzt gefühlt an meinen ersten Arbeitstag. Zu überlegen, was muss ich an meine Nachfolger weitergeben, was ist für mich jetzt selbstverständlich, war es aber am Anfang noch nicht und vor allem, was hat mir weitergeholfen, sind Fragestellungen, die ein Flashback in mir ausgelöst haben und mich sehr traurig stimmen, jetzt nicht mehr jeden morgen mit einem fröhlichen „Moien“ begrüßt zu werden oder irgendwie in diesem Sprachenchaos aus Luxemburgisch, Deutsch und Französisch zurechtzukommen.

*Nach den Anschlägen in Paris 2015 kündigte Luxemburg an, seine Streitkräfte in Mali zu verdoppeln: von einem auf zwei Soldaten. Wie der Rest der Welt darauf reagiert hat, kann man sich wahrscheinlich vorstellen. Für Angst und Schrecken hat es auf jeden Fall nicht gesorgt.

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